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Leseprobe

Buchpräsentation am 10./11.2012 auf der 2.Ostbayerischen Bücherschau in Zwiesel:

Prolog – Nottingham, April 1203

König John I. von England, Herzog der Normandie und Aquitanien, Graf von Mortain, Lord von Irland und dem Namen nach noch Herrscher über weitere Territorien,  fand auch in dieser Nacht keinen Schlaf. Von den Dämonen getrieben, die ihn nach der grausamen Tat in Rouen ständig heimsuchten, streifte er ruhelos durch die Gänge der Burg von Nottingham, seiner Lieblingspfalz in England. Hierher hatte er sich aus der Normandie geflüchtet und gehofft, Ruhe und Vergessen zu finden.
Keiner seiner Gefolgsleute, ja nicht einmal die Kerkerwachen, hatten sich bereit gefunden, seinem Befehl folge zu leisten. Seine sonst so getreuen, von ihm mit zahlreichen Lehen bedachten Favoriten William de Braose und Hubert de Burgh, hatten ihn nur entsetzt angeschaut, abwehrend die Hände gehoben und waren durch keinerlei Versprechungen zu bewegen gewesen, ihm die verlangte Gefälligkeit zu erweisen.

So hatte er selbst tun müssen, was er für unabdingbar hielt. Seitdem verfolgten ihn am Tag die Blicke und das Wispern der Höflinge und des Nachts die Schatten, die hinter jedem Mauervorsprung und Wandvorhang zu lauern schienen.
Verstand denn niemand, dass er nicht anders hatte handeln können? Arthur, von König Richard, genannt Löwenherz, schon vor Jahren auf Sizilien als sein Nachfolger benannt, stellte eine ständige Bedrohung für ihn dar. Auch wenn nach dem Tod seines Bruders er jetzt der gesalbte und gekrönte König von England war, dieses Bürschchen hatte seine Ansprüche nie aufgegeben! Also war es doch nur folgerichtig, sein Leben zu beenden, nachdem Arthur so unvorsichtig gewesen war, ihm, seinem Onkel, vor Mirebeau in die Hände zu fallen.

Wieso begriff das denn keiner? War er nur von Dummköpfen umgeben? Musste ein König letztendlich wirklich alles selbst tun?

Und dieser sechzehnjährige Knabe hatte ihm auch noch ins Gesicht gelacht und sich als wahren Erben und Herrscher über das angevinische Reich bezeichnet! Das war endgültig zu viel gewesen und das Lachen hatte er ihm ausgetrieben. Niemand, nicht einmal Gott, sollte ihn jemals von dem Thron stoßen, für den er so viele Jahre betrogen, gelogen, intrigiert und sich mit allen – auch den Feinden des Reiches – verbündet hatte, die ihm auch nur für kurze Zeit nützlich waren. All zu lange hatte er darauf gewartet, endlich König zu sein und jetzt musste er feststellen, dass trotzdem nicht jedem seiner Befehle Folge geleistet wurde. Nun, die Widersetzlichen würden schon bald merken, was es hieß, ihm zu trotzen und den Gehorsam zu verweigern. Was er gegeben hatte, konnte er auch jederzeit wieder nehmen!

Ablenkung musste her, entweder eine Frau, noch lieber ein junges Mädchen, oder etwas zu essen! Am besten beides, davon konnte er nie genug bekommen. Er stürmte die Treppe hinunter zur großen Küche. Dort frönte er am liebsten der Völlerei, wenn keiner seiner Gefolgsleute ihn sah. Was zählten schon die Köche und Mägde! Und jetzt, mitten in der Nacht, würde sowieso nur die Herdwache anwesend sein.

John riss die schwere Holztür auf. Erschrocken sprang die Küchenmagd, die gerade Holz unter dem großen Herd nachgelegt hatte, dessen Feuer nie ausgehen durfte, zur Seite. Im ersten Moment erkannte sie den König nicht, glaubte, ein Geist wäre ihr erschienen. Wirres, dünnes, strähniges Haar umrahmte das eher gewöhnliche Gesicht, in dem die Augen fiebrig glänzten. Die untersetzte, zur Fülle neigende Gestalt war nur mit einem Hemd und einem lose darüber geworfenen, ärmellosen Mantel bekleidet. Alles in allem wahrlich kein königlicher Anblick.

»Was glotzt du so?«, fuhr John die völlig verstörte Frau an. »Los, bring her, was von dem gestrigen Festmahl übrig ist! Oder habt ihr hier unten womöglich alles aufgefressen, was meine Gäste nicht haben in sich hinein stopfen können? Bin ich nur von Dieben und Räubern umgeben?«

»Nein, Sire«, stotterte die Magd, die sich nur mühsam von ihrem Schreck erholte. »Die Köche bewahren alles auf und niemand wagt es, die Speisen anzurühren. Seht selbst, die Kammer ist verschlossen!«

Tatsächlich standen in der Küche nur Abfälle herum, die für die Schweine bestimmt waren. Den Schlüssel für die Speisekammer verwahrte der oberste Hofkoch persönlich. Doch das primitive Schloss konnte John nicht aufhalten. Er griff sich einen Schürhaken, stemmte ihn hinter den Riegel und brach die Tür auf. Aus den Augenwinkeln sah er dabei, dass hinter dem Herd auf einer Strohschütte ein Kind, ein junges Mädchen von vielleicht elf oder zwölf Jahren, hockte. Ein schon teuflisch zu nennendes Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit.

»Gott hat mein Flehen erhört und mir geschickt, wonach ich begehre!«, dachte John bei sich. Mit der einen Hand griff er sich eine Platte mit kaltem Braten, mit der anderen grabschte er nach dem Kind. Hemmungen wegen ihrem Alter hatte er keine. Seine zweite Frau, Isabelle von Angouleme, war selbst erst zwölf Jahre alt gewesen, als er sie Hugo von Lusignan, ihrem bereits versprochenen Ehemann, weggenommen hatte.

Das Mädchen versuchte, in die hinterste Ecke der Küche zu kriechen und die Magd, offenbar ihre Mutter, flehte den König schluchzend und händeringend an, von ihr abzulassen. Doch John ließ sich die Beute, die sich ihm hier wider Erwarten präsentierte, nicht entgehen. Mit eisernem Griff fasste er dem Kind ins Haar und schleifte es hinter sich her, dem Ausgang und der Treppe hinauf zu seinem Gemach entgegen.

Die entsetzte Mutter fiel ihm in den Arm, versuchte, ihre Tochter zu befreien und schrie voller Verzweiflung um Hilfe. Doch niemand kam, denn jeder von der Dienerschaft oder aus Johns Gefolge wusste, dass man den König besser nicht störte, ging er seinen frivolen Vergnügungen nach.

John stieß die Magd mit dem Ellenbogen zur Seite, ohne die Platte mit dem Braten oder das Mädchen loszulassen. Die Frau strauchelte und stürzt mit dem Kopf gegen die Kante des aus groben Feldsteinen gemauerten Herdes. Bewusstlos sank sie zu Boden und eine Blutlache breitete sich neben ihr aus. John zuckte nur mit den Achseln und zog das um sich schlagende und weinende Mädchen weiter in Richtung Treppe. Keinen Blick verschwendete er auf ihre Mutter. Für ihn zählten Gesinde oder Bauern weniger als Vieh.

Natürlich waren der Lärm und das Geschrei nicht ungehört geblieben und hinter mancher Tür blinzelte vorsichtig ein Auge hervor. Doch keiner stellte sich dem König in den Weg oder gebot seinem Treiben Einhalt. Oft ließ er sich die Töchter oder Ehefrauen der Ritter und Barone ins Bett legen, auf deren Burgen er sich auf seinen Reisen durch das Land einquartierte und die er nach seinem Abzug meist an den Rand des Ruins gebracht hatte. Einer der Köche eilte zumindest in die Küche und fand dort die Herdmagd in ihrem Blute liegend vor. Es blieb ihm nichts, als ihre gebrochenen Augen zu schließen und das Kreuz über der Toten zu schlagen. Hoffentlich würde sich wenigstens am Morgen ein Priester finden, der für ihre Seele betete.

Währenddessen hatte John endlich sein Schlafgemach erreicht. Kämmerer und Diener im Vorzimmer taten so, als schliefen sie ganz fest und wären nur durch Gott zu erwecken. Er schleuderte das Mädchen auf das große Baldachinbett, wo es sich wimmernd zusammen krümmte. Der König selbst beschäftigte sich erst einmal mit dem Braten, von dem er große Stücke mit seinen Zähnen abriss und in sich hinein stopfte. Wie ein Raubtier seine Beute beäugte er dabei das Kind von allen Seiten.  Was er sah, gefiel ihm und schien vielversprechend. Sie war zwar nicht sehr sauber, doch langes, blondes Haar fiel ihr fast bis auf die Hüften und unter dem einfachen Kleid wölbte sich bereits eine kleine Brust.

John merkte, wie es in seinem Lenden anfing zu ziehen und sein Glied sich aufrichtete. Er warf das Stück Fleisch zurück auf die Platte, streifte den Mantel ab und ohne sich auch nur die fettigen Hände abzuwischen, schwang er sich auf das Bett und näherte sich dem völlig verängstigten Mädchen. Mit einem einzigen Ruck riss er das dünne Kleid von oben bis unten entzwei und ergötzte sich an dem jetzt völlig nackt vor ihm liegenden Körper. Das Schluchzen und Weinen störte ihn nicht. Im Gegenteil, es erregte ihn noch zusätzlich.

Mit beiden Händen spreizte John die Beine des zu keiner Gegenwehr fähigen Mädchens, raffte sein Hemd, und drang mit einem einzigen Stoß in ihren jungfräulichen Schoß ein. Sein Opfer schrie und jammerte herzzerreißend, doch ihr Peiniger kannte keine Gnade und ließ nicht von ihr ab. Immer wieder stieß er in den jungen Leib hinein und zerfetzte ihn dabei innerlich. Als er sich endlich in sie ergoss und sein Glied schlaff wurde, strömten Blut und Samen aus dem Mädchen heraus.

Angewidert wandte sich John von ihr ab, rutschte vom Bett herunter und riss die Tür des Schlafgemaches auf.

»Wachen!« brüllte der König in das Vorzimmer hinein und sofort kamen zwei Kriegsknechte auf ihn zugestürzt. »Schafft dieses Drecksstück aus meinen Augen! Sie blutet wie ein Schwein und versaut mir die ganzen Laken! Bringt neues Bettzeug und Wein und dann will ich keinen mehr von euch sehen!«

Wie die Wiesel huschte die Dienerschaft umher, den Befehlen des Königs Folge leistend. Das Mädchen, das eine gnädige Ohnmacht umfangen hatte, wurde in die verschmutzten Laken gehüllt und aus dem Zimmer entfernt. Man würde nach ihren Verwandten suchen und sie ihnen übergeben. Vielleicht konnte ja ein Bader oder eine Hebamme die Blutung stillen und das Kind retten. Viel Hoffnung, dass sie die königlichen Zuwendungen überstehen würde, hatte allerdings niemand. Schnell war das Bett neu bezogen und ein großer Pokal mit Würzwein stand auf einem Tisch neben dem thronartigen Sessel, in dem sich John ausgestreckt hatte und dem Treiben um ihn herum teilnahmslos zusah. Jeder war froh, als er endlich das Gemach wieder verlassen konnte. Zurück blieb nur der einsame König inmitten seiner Ängste und Dämonen.

***

Wenige Tage später brach der Tross Richtung Süden nach Corfe Castle, einer weiteren königlichen Residenz, auf. William Briewere, der gegenwärtige Sheriff von Nottingham - sie wechselten unter John Regime ständig, da keiner seine Wünsche wirklich zur seiner Zufriedenheit erfüllen konnte - begleitete die hohen Gäste von der Burg durch die Stadt bis zum südlichen Tor. Nur wenige Bürger waren zu sehen und keine Jubelrufe hallten durch die Gassen.  Wie anders war es doch gewesen, als König Richard vor seiner Krönung und dann nach seiner Freilassung aus deutscher Gefangenschaft hier geweilt hatte!

An einer Straßenecke kauerte ein Bettler, neben sich ein schmächtiges Kind an der Hand haltend, das völlig verstört und zerbrochen wirkte. William Briewere warf ihm ein Almosen zu, doch der alte Mann ließ es in den Schmutz fallen und kümmerte sich gar nicht um die kleinen Münzen. Er streckte den Arm aus und zeigte mit seinem knochigen Finger direkt auf den König.

»Verflucht sollst du sein für deine Taten, Johann ohne Land!«, rief er mit erstaunlich kräftiger Stimme. »Aber sie werden nicht ewig ungesühnt bleiben! Eines Tages wird er zurückkehren, der Mann aus dem Wald. Und er wird dir alles nehmen, woran du hängst! Deinen Schatz, dein Leben und sogar deine Seele, damit du für alle Zeiten in der Hölle schmorst! An seiner Seite wird das Blut des Löwen reiten und die Herrschaft übernehmen, damit endlich wieder Gerechtigkeit und Freiheit in England Einzug halten!«

John drängte sein Pferd nach vorn und wollte in einer ersten Aufwallung des Zorns den Bettler und das Kind nieder reiten. Schon lange hatte ihn niemand mehr bei dem verhassten Namen „ohne Land“ genannt. War er vielleicht nicht der Herrscher über ein Reich, das von den Pyrenäen bis nach Schottland reichte, auch wenn in den letzten Jahren große Teile davon in den Kriegen mit Frankreich verloren gegangen waren? Erst im letzten Moment überlegte er es sich angesichts der vielen Anwesenden anders.

»Was faselst du da,  alter Mann? Weißt du nicht, dass Könige von Gott eingesetzt sind und an seiner Seite im Himmel thronen? Wir können gar nicht in die Hölle kommen!“

Da richtete das Kind die Augen auf John und er erkannte das Mädchen, mit dem er sich vor wenigen Tagen vergnügt hatte. Wahnsinn lag in ihrem Blick als sie schrie:

»In deinem eigenen Blut sollst du verrecken, so wie du mich und meine Mutter darin hast liegen lassen. Und die Gnade Gottes wird dir verwehrt sein für alle Zeit!«

Kriegsknechte aus Johns Gefolge wollten die beiden ergreifen, doch der Sheriff drängte sich dazwischen. Er war ein rechtschaffener Mann und wollte in seiner Stadt, in der es sowieso schon gärte, nach dem Abzug des Königs keine Revolte wegen zweier getöteter Bettler.

»Lasst sie, es sind doch nur arme Irre! Wer wird schon etwas auf ihre Worte geben? In einer Stunde sind sie vergessen.«

John wandte sein Pferd angewidert ab, gab ihm die Sporen und winkte seinem Gefolge, sich ihm anzuschließen. Er wollte kein weiteres Aufsehen und da er die Stadt verließ, würde er es diesmal damit bewenden lassen. Obwohl es ihm bei den Worten des Alten und des Mädchens eiskalt den Rücken hinunter gelaufen war! Nichts fürchtete er mehr, als die ewige Verdammnis.

Hubert de Burgh, der oberste Kämmerer des Königs, wandte sich leise fragend an William Briewere.

»Ich gebe ja nicht viel auf Prophezeiungen. Aber wen kann denn der Alte gemeint haben, mit dem „Mann aus dem Wald“ und dem „Blut des Löwen“? Gibt es hier womöglich irgend einen Heiligen, dem man solche Macht nachsagt?«

Der Sheriff zuckte mit den Achseln.

»Letzteres ist mir auch unerklärlich und ein Heiliger bei uns ist mir nicht bekannt. Ich kann mir nur einen vorstellen, von dem der Bettler gesprochen haben könnte. Doch seit König Richards Tod ist er spurlos verschwunden.«

»Und wer bitte soll das sein? Ich habe noch von niemandem gehört, der in der Lage wäre, einem König den Schatz, das Leben und gar die Seele zu nehmen.«

»Ich schon!  Dem Earl von Huntingdon, Robert von Loxley, wäre es durchaus zuzutrauen. In dieser Gegend genießt er nach wie vor einen legendären Ruf. Einen meiner Vorgänger hat er an den Zinnen von Nottingham Castle aufgehängt. Mit John, damals war er noch Prinz und kämpfte gegen seinen Bruder Richard, ist er auch schon zusammengeraten. Er lebte früher mit seinen Männern im Wald von Sherwood und die Menschen hier nannten ihn Robin Hood!«

                                                                                     ***

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